Über Abschied (…und das Leben danach)

Abschied ist wie ein Tsunami. Er türmt sich Tropfen um Tropfen zu einer gewaltigen Flutwelle auf, bis er über das Land hereinbricht (in diesem Fall über dich) und sich nur langsam und träge zurückzieht. Dann hinterlässt er Spuren der Verwüstung. Sehr dramatisch. Und doch sehr realitätsgetreu, wenn man genau darüber nachdenkt.

Du spürst dieses Druckgefühl in der Magengegend, wie es hochwandert in den Hals und dort einen Kloß bildet, wenn ein Abschied immer näher rückt. Und mit ihm die Ungewissheit auf das Leben danach. Es ist nicht so, dass deine vertraute Welt in sich zusammenbricht, wenn es Zeit ist, Abschied zu nehmen. Sie verändert sich lediglich ein wenig. Und Veränderungen müssen nichts Schlechtes bedeuten, sie sind die vielen neuen Chancen, die das Leben dir schenkt. Wie eine düstere Lichtung im Wald, auf der bei Tageslicht zwischen den Bäumen viele verborgene Pfade zum Vorschein kommen. Das kann doch etwas Schönes sein…oder nicht?

Eher oder nicht, denke ich manchmal, wenn ich (schon wieder) daran gescheitert bin, die rosarote Optimistinnen-Brille aufzusetzen und stattdessen mein Leben aus einer „Das Glas ist halb leer“- Perspektive betrachte. Möchte ich wirklich schon erwachsen sein, auf eigene Gefahr meine eigenen Entscheidungen treffen, diese gewohnte Umgebung verlassen und reisen, um möglicherweise auf einem Selbstfindungstrip ans andere Ende der Welt meine „wahre“ Bestimmung zu finden? War es nicht das, was ich immer wollte? Möchte ich den Abschied?

Nein, in solchen Momenten möchte ich mich lieber in meiner persönlichen Zeitkapsel einschließen und die Erinnerungen an wunderschöne Kindheitserlebnisse wieder und wieder zum Leben erwecken, bevor ich sie für immer zurücklassen werde… An Fantasiewesen und den Weihnachtsmann glauben, mit Playmobil-Figuren und Filly-Pferdchen
„Upps – Die Pannenshow“ nachstellen, Outtake-reife Musikvideos drehen, Briefe ans neue Schuljahr schreiben und sie unter dem roten Container auf dem Schulgelände verstecken (der, der noch steht), im Unterricht in der hintersten Ecke verträumt vor sich hin vegetieren, wartend auf den Gong in die Freiheit…und das sind nur bruchstückhafte, fürchterlich harmlose Erinnerungen. Sie sind so schön unschuldig. Und schön sind sie auch.
Und das werden sie auch bleiben. Natürlich, solche Erinnerungen und Momente, in die man am liebsten heimlich wieder hineinschlüpfen möchte, entsprechen ganz dem „Das, was bleibt“- Klischee. Ganz nach dem Motto: „Das kann dir keiner mehr nehmen“!

Ein weiser Mann mit Bart, der nicht Albus Dumbledore hieß, sagte einst zu mir: „Bewahre dir deine kostbarsten Erinnerungen wie Schätze auf und trage sie ganz nah bei deinem Herzen. Und an den dunklen Tagen, lege sie in deine beiden Hände und lasse sie leuchten.“ Und wer jetzt denkt, dass dies nur einer von vielen vermeintlich verlängerten Glückskeks-Sprüchen ist, der hat die Magie dieser Worte noch nicht ganz verinnerlicht. Manchmal ist es nun mal dein einziger Weg, dir selbst Mut zuzusprechen und weiterzugehen, wenn du das schätzt, was du niemals verlieren kannst, weil du es immer bei dir trägst. Egal, welchen Weg du für dein Leben danach wählst, dieses Etwas (ein Wort, fünf Buchstaben) wird dich immer daran erinnern, wer du warst, wer du bist und wer du bleibst. Genauso wie bei Simba, der seinem Leben als König der Löwen davonläuft, woraufhin ihm eines Nachts das Sternbild seines Vaters Mufasa vom
Himmel aus zuraunt: „Remember, who you are“. Ein Gänsehautmoment.

Um nach diesen komplett nüchternen Worten einen geeigneten Abschluss (oder auch Abschied) zu finden: Der Abschied von der Kindheit und von der Schulzeit tut weh und dies desto mehr, je näher er rückt. Doch das, was bereits geschehen ist, geht dadurch nicht kaputt. Deine Erinnerungen an die (Achtung, das Wort mit fünf Buchstaben) Liebe aus der Vergangenheit erfüllen dich mit Kraft, geben dir Halt, was auch immer dich in der neuen Welt erwartet. Selbst, wenn du dich verläufst, zeigen sie dir den Weg zurück zu dir selbst. Also, nun, da du Bescheid weißt: wie wär‘s mal zur Abwechslung mit einem glücklichen Abschied?


Hanna Bröder fragt sich, ob sie nicht doch schon geschlafen hat, als sie diesen
„Artikel“ um 23:00 Uhr schrieb, da er am Morgen danach seine Glaubwürdigkeit verlor…

Hanna Bröder
Hanna Bröder

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