Die Briten wollten raus, schon lange. Jetzt sind sie raus aus der EU, aber es gibt Probleme. Laut aktueller Berichte wie beispielsweise durch die ZEIT hat die britische Regierung den bürokratischen Aufwand für viele Unternehmer heruntergespielt. Jetzt kommt das böse Erwachen – doch welche Folgen hat das für Großbritannien und für uns?
Ich muss ganz ehrlich sagen, dass es mir persönlich ein bisschen wie Realsatire vorkommt, die Realität gewordene heute-show. Einige Comedians formulierten nach Trumps würdevollen Abgang, sich ihre Witze wohl ab nun wieder selber schreiben zu müssen. Ähnliches trifft hier meine ich auch zu.
„Der Brexit wirkt“. Das tut er, nur leider nicht so, wie es sich Boris Johnson gewünscht hatte.
Das Problem: der immense bürokratische Aufwand, der nun mit Lieferungen zwischen der EU und Großbrittanien verbunden ist. So verkünden Mittelständler sowie Großkonzerne Teile ihrer Arbeitsplätze auf der Insel abzubauen und dafür zum Beispiel Logistikzentren in Europa aufzubauen. Die ZEIT betitelt einen Artikel zu diesem Thema mit der schlichten Phrase „Der Brexit wirkt“. Das tut er, nur leider nicht so, wie es sich Boris Johnson gewünscht hatte. Aber weiter mit dem bürokratischen Mehraufwand und anderen Hürden.
Ein Beispiel: Der Mittelständler „The Cheshire Cheese Company“ verdient ein Teil seines Geldes damit, Käse an Privatkunden in der EU zu versenden. Die Hürde besteht an dieser Stelle darin, dass für die Versendung von tierischen Produkten korrekte Exportpapiere nicht mehr reichen. Nun ist auch ein ärztliches Gesundheitszeugnis nötig. Die Kosten betragen hier pro Stück 180 Pfund (ungefähr 205€). Die Lösung ist, größere Mengen nach Frankreich zu exportieren und dort in von neu aufgebauten Logistikzentrum aus weiter zu versenden. Hier wird auch deutlich, dass die Schwierigkeiten besonders den Mittelstand betreffen. Ein großes Unternehmen, dass dauernd große Mengen an EU-Betriebe exportiert, ist weniger betroffen. Denn da lassen sich die 180 Pfund durch große Mengen schnell wett machen und auch Personal ist genug da, um die Bürokratie zu erledigen. Doch dieser Mehraufwand an Bürokratie und zudem immense Zusatzkosten können Mittelständler an den Rand des Ruins bringen. Außerdem stammt das System, welches die Exporterklärungen verarbeiten soll und bis jetzt dieses auch noch tut, aus dem Jahr 1994. Für Software-Verhältnisse eine Ewigkeit. Eigentlich sollte es schon längst erneuert werden, um die steigende Zahl an Exporterklärungen verarbeiten zu können. So stieg die Anzahl von 55 auf rund 260 Millionen pro Jahr. Die Ersetzung des veralteten Systems findet nun wohl im Herbst statt.
Achtung, kurze Zwischenbemerkung. Ich fühle mich irgendwie wie bei den Berichten über die durch und durch digitalisierten Gesundheitsämter Deutschlands. Versteht mich nicht falsch! Ich bin absolut dankbar für die wichtige Arbeit der Gesundheitsämter. Doch besonders jetzt sollte den Gesundheitsämtern ein der Verantwortung gleiches Arbeitsgerät zur Verfügung gestellt werden. Aber ich, der ein Faxgerät nie benutzt hat, kann das natürlich nicht beurteilen.
Auch die Fischer sind keine Fans des Brexits mehr
Tonnen von Fisch und Meeresfrüchten sind ihnen durch Verzögerungen an der Grenze verdorben. Ein immenser finanzieller Schaden, den die britische Regierung ausgleichen möchte. Doch auch die Fangquoten in ihren eigenen Gewässern haben sich nicht, wie erhofft, verbessert – und die Vorteile, die sie genossen, als Großbritannien noch in der EU war, bleiben ihnen verwehrt. Jetzt kämpfen auch sie mit dem Papierkram.
Folgen für das Klima und die Umwelt
Laut der ZEIT beauftragen Industrieunternehmen zunehmend, einseitig beladen zu fahren. Das bedeutet, der LKW bringt zwar die Ware zur Weiterverarbeitung nach zum Beispiel Großbritannien, fährt dann aber wieder leer zurück, um Zeitverzögerungen an der Grenze zu verhindern. Das hat katastrophale Folgen für das Klima.
Onlinebesteller nun auf dem Zollamt
Ein Novum, da bestellt man nur ein paar Kleider bei einer britischen Marke und bekommt dann nur die Benachrichtigung, sein Paket doch bitte beim Zoll abzuholen. Dort kann es dann auch nochmal teuer werden. Auch Retouren sind für die Unternehmen natürlich wesentlich teurer als zuvor. Nun werden sie wohl in der EU gesammelt, um nicht erneut Zoll zu zahlen und dort meist vernichtet. Weitere schlechte Folgen für Klima und Umwelt. Zum einen sind Retouren an sich eine gute Möglichkeit, Fehlkäufe wieder zurückzugeben. Auf der anderen Seite gibt es viel zu viele – und die Ökobilanz ist vernichtend, da die Artikel meist nicht erneut in den Verkauf wandern. Zudem darf man wohl bemerken, dass der Gedanke einer Onlinebestellung mit Lieferung sicher nicht war, diese dann auf dem Zollamt anzuholen.
Schlussendlich scheint es momentan so, als dass der Brexit für die Briten eher ein Schuss ins eigene Knie war, jedoch gelten die Konsequenzen des Brixits natürlich auch für Unternehmen in der EU. So teilte laut dem Redaktionsnetzwerk Deutschland ein niederländischer Händler für Fahrradzubehör mit, er exportiere in jedes Land der Welt, nur nicht nach Großbritannien.
Es bleibt also zu hoffen, dass spätestens im Herbst neue Regelungen gefunden werden, um sowohl britische, als auch europäische Unternehmen und Verbraucher zu schützen!
Text und Gestaltung: Lukas Mundt
